Mein Kind hat Angst vor lauten Geräuschen – Was kann ich tun?
Hupende Autos, herunterfallende Dinge, schrille Klingeln – Alltagsgeräusche können sehr furchteinflößend sein. Ein Kleinkind mag keine lauten Geräusche, weil es die Töne noch nicht einordnen kann. Zum Glück gibt es Mama oder Papa, bei denen die Kleinen Zuflucht suchen können.
Dass ein Kind Angst vor lauten Geräuschen hat, ist biologisch vorprogrammiert. Laute Töne bedeuten oft, dass etwas gefährlich ist. Darum schrecken wir automatisch hoch, wenn plötzlich ein lautstarker Ton zu hören ist.
Doch während Erwachsene sich schnell wieder beruhigen, weil sie das Geräusch zuordnen können, stehen Heranwachsende mit ihren Emotionen zunächst allein da.
Erst dann, wenn sie von einem Erwachsenen erklärt bekommen, warum etwas geräuschvoll ist, kommen sie wieder zur Ruhe. Nehmen sie öfter die gleichen Töne wahr, stellt sich oftmals ein Lerneffekt ein.
Durch einen stressigen Alltag und viele Erlebnisse sind Heranwachsende Tag für Tag etlichen Geräuschen ausgesetzt. Vor allem den Verkehrslärm erleben sie oft als störend.
Wirken zu viele Reize auf die Sinne ein, führt das zu einer Überreizung oder einer starken Geräuschempfindlichkeit. Daher ist es unerlässlich, dass du deinem Schatz ausreichend Ruhepausen gönnst.
Diese Ruhepausen bedeuten nicht, dass dein Sprössling still in der Ecke sitzt. Vielmehr sucht ihr euch einfach ein ruhiges Zimmer oder eine Stelle im Wald oder Park.
Technische Geräte bleiben selbstverständlich aus. Setzt euch gemeinsam hin und nimmt bewusst wahr, welche Geräusche ihr hört bzw. nicht mehr hört.
Auf diese Weise trainiert ihr die bewusste Wahrnehmung eurer Umwelt. Außerdem ist diese Auszeit nicht nur gut für das Gehör, sondern ebenfalls für eure Seele.
Woher kommt die Angst vor lauten Geräuschen?
Ängste gehören zum Leben dazu. Wie dein Sprössling, hast auch du öfter Angst. Diese können sogar durch das Muttersein zunehmen. Schließlich trägst du eine große Verantwortung für deinen Schatz und möchtest ihn so gut es geht beschützen.
Das ist vollkommen normal. Genauso normal ist es, dass ein Heranwachsender Furcht zeigt.
In jedem Alter stehen dabei bestimmte entwicklungsspezifische Ängste im Fokus:
- Babys: Im ersten Lebensjahr haben die meisten Babys Angst vor lauten Geräuschen. Sie verstehen noch nicht, was sie hören. Schläft dein Sprössling gerade, solltest du für eine möglichst ruhige Umgebung sorgen. So wird er nicht gestört und sein Gehirn kann sich gut entwickeln. Hinzu kommt gegen Ende des ersten Lebensjahres die Furcht vor fremden Personen.
- Kleinkinder: Auch im zweiten Lebensjahr dominiert die Angst vor fremden Menschen und lauten Geräuschen. Darüber hinaus fürchtet sich dein Sprössling womöglich vor der Dunkelheit, Ärzten oder bestimmten Tieren.
- Kindergartenkinder: In diesem Alter entdecken viele Heranwachsende die Welt noch einmal neu, indem sie etwa mit Gleichaltrigen spielen. Hierdurch erfahren sie beispielsweise von Monstern oder Schicksalsschlägen anderer Familien. Das kann für große Angstgefühle sorgen. In dieser Zeit sind vor allem viele Gespräche mit deinem Schatz wichtig, um ihm die Furcht zu nehmen.
- Grundschulkinder: In der Schulzeit entwickelt sich oft die Angst davor, dass Mama oder Papa etwas passieren kann. Zudem beginnen Kinder, Geschehnisse von anderen Teilen der Welt wahrzunehmen. Hierzu zählen zum Beispiel Kriege oder Naturkatastrophen. Lass deinen Sprössling mit diesen Gefühlen nicht allein!
- Teenager: Sobald ein Heranwachsender in die Pubertät kommt, sind insbesondere soziale Kontakte von großer Bedeutung. Ein Teenager vergleicht sich mit Gleichaltrigen, möchte viele Freunde haben und verliebt sich das erste Mal. Ängste beziehen sich folglich vor allem darauf, sozial ausgegrenzt zu werden. Dies ist auch der Grund, warum viele Teenies dem Gruppenzwang unterliegen.
Kind verträgt keine lauten Geräusche: Wie äußern sich Angstgefühle?
Höchstwahrscheinlich hast du schon oft mitbekommen, wie sich dein kleiner Schatz verhält, wenn er sich vor etwas fürchtet. Die meisten Kinder rennen in diesem Fall zur Mama, Papa oder einer anderen Bezugsperson.
Manche Heranwachsende fangen auch an zu weinen, starren vor sich hin oder möchten sich verstecken. Dies trifft auch bei der Angst vor lauten Geräuschen zu.
Dass ein Heranwachsender Angst hat, spürst du an seinem Verhalten. Bei starker Furcht kommen körperliche Symptome hinzu.
Hierzu zählen zum Beispiel:
- Weinen
- Schreien
- Bauchschmerzen
- Schweißausbrüche oder Frieren
- Herzklopfen
- Schlafstörungen
- Verspannungen
- Schockstarre
Bitte nimm deinen Schatz immer ernst, wenn er sich ängstigt! Er muss das Gefühl haben, bei dir sicher aufgehoben zu sein.
Sprich mit deinem Sprössling über seine Gefühle. Frage nach, warum ihn dieses Geräusch gerade stört. Kann er sich nicht konzentrieren? Weiß er nicht, woher es kommt?
Erkläre ihm, was es mit den Geräuschen auf sich hat. Gemeinsam könnt ihr auch überlegen, welche Töne dein Schatz mag und welche unangenehm sind.
Gerade im Kleinkindalter nehmen Heranwachsende alles viel intensiver wahr als Erwachsene. Während die Großen manche Töne nur noch unterbewusst wahrnehmen, erwecken sie die Aufmerksamkeit eines Kindes.
Je besser es weiß, woher die Geräusche stammen, desto mehr legt sich die Furcht.
Daran erkennst du eine Angststörung
Für Eltern ist es nicht leicht, herauszufinden, ob sich die Ängste noch auf einem normalen Level befinden oder eine Behandlung nötig ist.
Im Normalfall verschwinden entwicklungsbedingte Ängste bei Kindern von allein wieder, wenn dein Sprössling die nächste Entwicklungsstufe erreicht. Gelingt es jedoch nicht, Kindern die Angst zu nehmen, kann sich daraus eine Angststörung entwickeln.
Meist bezieht sich diese dann auf bestimmte Objekte oder Situationen, zum Beispiel Dunkelheit, Insekten oder eben laute Geräusche.
Hast du das Gefühl, dass dein Sprössling eine Angststörung entwickelt, sollte er unbedingt zu einem Psychotherapeuten!
Am besten sucht ihr zuvor gemeinsam einen Haus- oder Kinderarzt auf. Dieser erstellt eine erste Diagnostik und eine entsprechende Überweisung aus. Zudem sollte er oder ein HNO abklären, dass keine körperliche Krankheit hinter den Symptomen steckt.
Hier findest du Alarmsignale einer Angststörung, die nicht von selbst verschwindet:
- Langer Zeitraum: Ist die Furcht deines Sprösslings nicht mehr alterstypisch, ist das beunruhigend. Beispielsweise sollte die Angst vor lauten Geräuschen mit drei Jahren verschwinden.
- Abbruch sozialer Kontakte: Das Spielen und der Austausch mit Gleichaltrigen sind für Heranwachsende enorm wichtig. Meidet dein Sprössling soziale Situationen und zieht sich immer weiter in die eigene Welt zurück, solltest du eingreifen.
- Vermeidung bestimmter Situationen: Unabhängig von sozialen Kontakten kann es auch vorkommen, dass dein Kind andere Umstände meidet. Ist es ihm zum Beispiel in der Schule zu laut und er kann sich nicht mehr konzentrieren, möchte er diese nicht mehr aufsuchen.
Ein Psychologe vermittelt deinem Sprössling, wie er seine Angst in den Griff bekommt, sodass diese ihn nicht mehr im Alltag einschränkt. Es lernt, richtig mit den eigenen Emotionen umzugehen.
Bei kleinen Kindern erfolgt eine Therapie sehr spielerisch, du als Mutter oder Vater darfst die ganze Zeit mit dabei sein.
Mein Kind hat Angst vor lauten Geräuschen: Wie helfe ich am besten?
Neben der professionellen Hilfe, kannst du deinen Schatz auch selbst unterstützen. Beispielsweise lebst du ihm mit deiner Erziehung vor, welche Dinge angsteinflößend sind. Ein generell zu beschützender und ängstlicher Lebensstil der Eltern wirkt sich stets auch auf den Nachwuchs aus.
Die beste Erkenntnis, die dein Sprössling gewinnen kann, ist: Renne nicht vor deinen Ängsten weg, sondern stell dich ihnen!
Beginnt im kleinen Rahmen, setzt euch zusammen hin und erzeugt selbst verschiedene Töne! Ihr könnt zum Beispiel selbst Instrumente basteln und gemeinsam musizieren. Von zu lautem Spielzeug solltest du absehen. Besser ist es, dein Kind kann aktiv selbst etwas tun.
Im nächsten Schritt widmet ihr euch den Tönen, die deinen Schatz besonders stören. Hört euch die Geräusche an, notfalls über das Internet. Dann erklärst du deinem Sprössling, woher die Geräusche kommen.
Warum klingelt ein Telefon? Wieso brummt ein Auto? Was macht ein Rasenmäher? Wenn dein Kind etwas über die tollen Funktionen der Gegenstände weiß, sieht es diese mit anderen Augen.
Im letzten Schritt überlegt ihr, wie sich die Töne besser ertragen lassen. Manchen Heranwachsenden hilft es, ein Lied zu summen. Andere wünschen sich, mit Mama zu kuscheln.
Nach und nach versucht ihr dann, die Geräuschkulisse gezielt auszuhalten. Schaut euch beispielsweise Autos an, die an eurem Haus vorbeifahren. Auch Rollenspiele sind hilfreich.
Beginne außerdem frühzeitig damit, deinem Schatz Selbstbewusstsein zu vermitteln. Je selbstsicherer er sich fühlt, desto besser ist er zum Beispiel im Teenageralter gegen Gruppenzwang resistent.
Benötigst du hierbei Unterstützung, hilft dir ein Kinder- und Jugendcoach. Er kann zudem innere Blockaden lösen, die das Selbstvertrauen deines Sprösslings schwächen.
Was ist Hyperakusis?
Wie wir bereits erklärt haben, ist eine gewisse Angst vor lauten Geräuschen im Kindesalter völlig normal. In der Regel verschwindet das Problem von selbst wieder. Es gibt jedoch auch schlimmere Ausprägungen.
Wenn die Furcht regelmäßig mit anderen Symptomen wie Herzrasen einhergeht, leidet dein Sprössling womöglich unter der Hyperakusis.
Die Hyperakusis ist eine auditive Wahrnehmungsstörung. Sie zeigt sich dadurch, dass eine Person schon bei kleinsten Alltagsgeräuschen zusammenschreckt. Ein Beispiel hierfür ist die Türklingel.
Charakteristisch ist zudem, dass die Heranwachsenden sehr nervös oder aggressiv auf Töne reagieren. Hinzu kommen Zittern, Herzrasen oder Verspannungen.
Manche Heranwachsenden ziehen sich immer weiter zurück, um jegliche Geräuschkulisse zu vermeiden. Hierdurch kann sich eine Angststörung bei Kindern entwickeln.
Bei einer Geräuschempfindlichkeit leidet meist nicht nur der Betroffene selbst.
Sie führt etwa zu:
- Konflikten: Wenn sich ein Heranwachsender aufgrund der Hyperakusis in der Schule nicht mehr konzentrieren kann oder ihn das Spielen der Geschwister zu Hause belastet, führt das häufig zu familiären Konflikten.
- Abgrenzung: Nicht zuletzt leidet auch das soziale Umfeld, wenn in der Freizeit nichts mehr unternommen wird.
Falsch ist es in diesem Fall, die Empfindlichkeit einfach hinzunehmen und deinem Sprössling seine Ruhe zu gönnen. Hierdurch können sich die Beschwerden sogar verstärken. Wichtig ist, Hilfe bei einem HNO-Arzt zu suchen. Er kann eine passende Therapie verordnen.
In der Regel erfolgt diese nicht vor dem Kindergartenalter, da die Geräuschüberempfindlichkeit bei Kleinkindern sehr selten vorkommt und die Therapiemöglichkeiten noch nicht ausreichend erforscht sind.
Ab etwa drei Jahren kann eine Behandlung mit dem sogenannten Noiser durchgeführt werden. Dein Kind muss diesen Ohreinsatz eine Zeit lang tragen, der ihm eine Geräuschkulisse vorgespielt.
Dadurch lernt das Gehirn deines Sprösslings, mit der Hörumgebung umzugehen. Der Ansatz ist sehr vielversprechend. Allerdings kannst du damit rechnen, dass es eine Weile dauert, bis das Gehirn deines Kindes die akustischen Reize besser verarbeitet.
Wie entsteht eine Hyperakusis?
Natürlich möchtest du als Mutter gern wissen, ob und warum dein Sprössling an einer Hyperakusis leidet. Das ist jedoch nicht immer eindeutig festzustellen. Häufige Ursachen sind beispielsweise Stress oder ein Hörsturz.
Daneben können neurologische Erkrankungen dazu führen, dass die Verarbeitung akustischer Signale im Gehirn gestört sind. Beispiele für neurologische Erkrankungen sind Epilepsie und Lähmungen.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Gehirn bei einer Hyperakusis wichtige von unwichtigen Geräuschen nicht mehr unterscheiden kann. Problematisch ist, dass die Diagnose oftmals schwierig ist.
Das gilt vor allem für Kleinkinder, da sich diese noch nicht mit Worten ausdrücken können. Eine Unterscheidung zwischen Ängsten bei Kindern und der Hyperakusis ist hierdurch nur schwer möglich.
Dennoch solltest du den Weg zum Facharzt nicht scheuen, wenn dein Sprössling dauerhaft sensibel auf Geräusche reagiert, ständig die Ohren zuhält und bestimmte Situationen aufgrund der Geräuschkulisse meidet.
Fordert dich dein kleiner Schatz ständig auf, leise zu sein, ist das ebenfalls ein Anzeichen, über das du mit einem HNO-Arzt sprechen solltest. Wähle dabei am besten einen Facharzt aus, der sich auf Kinder spezialisiert hat.
Ob die Angst vor lauten Geräuschen bei Kindern auf Panikattacken zurückzuführen ist oder eine Erkrankung vorliegt, ist für Eltern oftmals nicht einschätzbar. Selbst Ärzte brauchen meist einige Zeit, bis eine verlässliche Diagnose vorliegt.
Für deinen Sprössling ist es unerlässlich, dass du ihn bestmöglich unterstützt, wann immer er sich durch eine Geräuschkulisse gestört fühlt. In unserem Beitrag hast du hierfür wichtige Tipps erhalten. Bei weiteren Fragen hilft dir der Kinderarzt vermutlich gern weiter.