Mobbing Anzeige: Wann musst du Mobbing zur Anzeige bringen?
Andere Menschen körperlich oder psychisch fertig zu machen, ist kein Kavaliersdelikt. Doch vielen Mobbern ist nicht bewusst, welche Folgen ihr Verhalten für die Betroffenen hat und auch nicht, dass die Opfer eine Mobbing Anzeige gegen ihre Peiniger stellen können. Diese wiederum wissen oft nicht, wie sie sich effizient wehren können. Schlimm ist die Situation auch für Mütter und Väter, deren Kinder regelmäßig schikaniert werden.
Um den Tätern den Kampf anzusagen, erwägen manche Eltern, eine Mobbing Anzeige bei der Polizei zu stellen. Hilft diese nicht weiter, ist die Enttäuschung groß. Denn so einfach lässt sich das Problem leider nicht lösen.
Zivilrechtlich gegen Mobber vorzugehen, kostet eine Menge Zeit. Die Aussichten auf eine Besserung der Lage sind zudem gering.
Damit die Täter belangt werden können, braucht es ausreichend eindeutige Beweise. Anderenfalls gilt laut deutschem Gesetz die Unschuldsvermutung. Erschwerend kommt bei Straftaten im Kinder- und Jugendalter kommt erschwerend hinzu, dass Personen bis zur Volljährigkeit nur beschränkt schuldfähig sind.
Ratsam ist es daher, sich auch nach anderen Möglichkeiten umzusehen, Mobbern den Kampf anzusagen.
Hilfe können du und dein Kind zum Beispiel hier finden:
- Vertrauenslehrer
- Schulamt
- Beratungsstellen
- Selbsthilfegruppen
- Kinderärzte
- Psychologen
Diese Anlaufstellen werden täglich mit Mobbingfällen konfrontiert. Sie haben Erfahrung im Umgang mit Tätern und können dir und deinem Nachwuchs Tipps für das weitere Vorgehen geben.
Bessert sich die Lage deines Sprösslings nicht, kannst du dich bei einem Anwalt über die Möglichkeit einer Anzeige informieren. Er schätzt zudem die Erfolgswahrscheinlichkeiten ab.
Diese sind auch deshalb von Bedeutung, weil der Verlierer eines rechtlichen Prozesses die Kosten trägt. Hast du keine Rechtsschutzversicherung, können hohe Kosten auf dich zukommen.
Wann du grundsätzlich eine Anzeige wegen Mobbing erstatten kannst und wie der Ablauf hierbei ist, erfährst du in diesem Artikel. Zum Abschluss geben wir die außerdem noch einige Hinweise dazu, welche anderen Maßnahmen du ergreifen kannst, wenn dein Nachwuchs schikaniert wird.
Mobbing, was ist das?
Wird dein Kind gemobbt, ist es einer großen psychischen Belastung ausgesetzt. Vor allem für Kinder und Jugendliche ist der Kontakt zu Gleichaltrigen enorm wichtig. Werden sie von diesen nicht akzeptiert, übt das einen negativen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung aus.
Wie gut ein Heranwachsender die Attacken verarbeiten kann, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zum einen spielt die Schwere und Länge des Mobbings eine Rolle, zum anderen die psychische Stärke des Betroffenen.
Einfluss auf die Psyche deines Sprösslings hat unter anderem deine Erziehung. Gibst du deinem Nachwuchs das Gefühl, alles erreichen zu können? Oder bist du selbst ängstlich und sagst ihm ständig, er soll vorsichtig sein?
Selbstbewusste Kinder und Jugendliche können verbale Angriffe besser wegstecken als introvertierte Heranwachsende. Doch das heißt nicht, dass die Attacken spurlos an ihnen vorbeigehen.
Allerdings sind die besser in der Lage, sich zu wehren. Das trifft zumindest auf verbale Schikanen zu, also auf Beschimpfungen und Beleidigungen.
Es gibt jedoch noch mehr Arten von Mobbing. Denn neben verbalen Angriffen üben manche Täter auch körperliche Gewalt aus. Da Mobber oftmals als Gruppe agieren, haben Opfer kaum eine Chance, sich zur Wehr zu setzen.
Sie sind den Mobbern hilflos ausgeliefert. Zwinge dein Kind nie dazu, sich dieser Situation zu stellen. Flucht beziehungsweise Vermeidung ist in diesem Fall kein Zeichen von Schwäche, sondern es ist Selbstschutz.
Häufig tritt auch Cybermobbing auf, das in der Regel auf sozialen Netzwerken stattfindet. Die Täter beleidigen dort ihre Opfer und veröffentlichen peinliche Fotos oder Videos von diesen.
Cybermobbing bringt eine enorme seelische Belastung mit sich. Denn über das Internet kann jeder sehen, wie dein Sprössling gerade fertiggemacht wird.
Offiziell ist übrigens erst dann von Mobbing die Rede, wenn die Täter eine Person regelmäßig angreifen. Für viele, insbesondere die Betroffenen, ist diese Definition nur schwer nachvollziehbar.
Schließlich sind gelegentliche Schikanen ebenso verletzend und können Angststörungen oder Panikattacken bei Kindern hervorrufen.
Wann kann ich gegen Mobbing Anzeige erstatten?
Bei Mobbing in der Schule hast du das Recht, die Täter gemeinsam mit deinem Kind anzuzeigen. Allerdings sind hierbei bestimmte Voraussetzungen zu beachten. Zum einen müssen konkrete Tatbestände vorliegen.
Zu diesen zählen beispielsweise:
- Beleidigung: Beleidigungen können entweder schriftlich oder mündlich geäußert werden und zielen darauf ab, den Betroffenen menschlich abzuwerten.
- Erpressung: Eine Erpressung solltest du stets ernst nehmen, da sie zu körperlicher Gewalt führen kann.
- Körperverletzung: Diese liegt vor, wenn gegen dein Kind Gewalt ausgeübt wird, etwa mit Schlägen oder Tritten.
- Sexuelle Übergriffe: Wird dein Kind sexuell mit Worten oder Taten belästigt, ist das kein kleiner Jugendstreich mehr. Kann sich dein Sprössling nicht aus der Situation befreien, droht eine spätere Beziehungsunfähigkeit.
Zum anderen solltest du im Hinterkopf behalten, dass Personen nach deutschem Recht erst ab dem 14. Lebensjahr strafmündig sind. Das bedeutet, dass den Tätern die Verrichtung gemeinnütziger Arbeit oder andere Erziehungsmaßnahmen auferlegt werden können.
Andere Strafen, wie etwa eine Ausgleichszahlung an das Mobbing Opfer, sind nicht möglich.
Wirksam kann eine Mobbing Anzeige insbesondere dann sein, wenn eine Unterlassungsklage erwirkt wird. Darin verpflichten sich die Täter, den Betroffenen nicht weiter zu mobben.
Brechen sie dieses Versprechen, sind weitere Konsequenzen möglich. Allerdings muss auch hierbei wieder das Maß der Strafmündigkeit beachtet werden.
Bei Cybermobbing gelten die gleichen Regelungen. Hierbei kommt es etwa zu Beleidigungen, Verleumdung oder übler Nachrede im Internet.
Je schneller du mit zivilrechtlichen Schritten eine Unterlassungsklage erwirkst, desto weniger Foto- und Videomaterial können die Mobber in den sozialen Netzwerken verteilen.
Leider ist es bei Cybermobbing oft schwierig, die wahren Täter zu identifizieren. Sie verstecken sich oft hinter Fake-Profilen. Sammle daher so viele Beweise wie möglich, um Anzeige erstatten zu können.
Rechtlich gegen Mobber vorzugehen, erfordert eine Menge Durchhaltevermögen. Lass dich am besten von einem Anwalt oder einem anderen Fachmann beraten, ob eine Anzeige erfolgversprechend ist.
Was passiert bei einer Mobbing Anzeige?
Viele Eltern schrecken vor dem Aufsuchen der Polizei zurück, da sie keine Erfahrung mit zivilrechtlichen Prozessen haben. Eine Anzeige ist jedoch kein Hexenwerk. Die Bedingungen sowie der Ablauf sind klar geregelt.
Hast du vor, bei Mobbing in der Schule rechtliche Schritte einzuleiten, musst du im Vorfeld entsprechende Beweise sammeln. Ohne diese werden die Ermittlungen schnell wieder eingestellt.
Je nach Vorgehen der Mobber können als Beweise dienen:
- Protokolle von Ärzten, die körperliche Verletzungen deines Kindes untersucht haben
- Fotos von den Dingen, die die Mobber beschädigt haben
- erhaltene Drohbriefe
- Screenshots von Beleidigungen im Internet
Darüber hinaus solltest du zusammen mit deinem Kind ein Mobbing-Tagebuch führen. Notiere darin so genau wie möglich das Datum und die Zeit des Vorfalls, was deinem Sprössling angetan wurde und wer der Täter war.
Muss sich dein Kind Beleidigungen anhören, notiere möglichst genau den Wortlaut.
Liegen Beweise vor, suchst du mit deinem Kind die örtliche Polizeidienststelle auf. In manchen Städten kannst du eine Anzeige mittlerweile auch online aufgeben.
Schildere detailliert die Vorfälle und übergebe alle Beweise an die Polizei. Am besten fertigst du zuvor Kopien für deine eigenen Unterlagen an.
Eine Besonderheit ist, dass eine einzelne Anzeige nur selten ausreicht. Denn da bisher im deutschen Recht kein eigener Straftatbestand für Mobbing existiert, können nur die einzelnen Tatbestände angezeigt werden.
Das heißt: Wird dein Sprössling beleidigt und erpresst, musst du hierfür zwei getrennte Anzeigen erstatten. Gleiches gilt bei Körperverletzung und sexuellen Übergriffen.
Im Anschluss musst du dich eine Weile gedulden, bis du von der Polizei oder Staatsanwaltschaft kontaktiert wirst. Da viele Behörden überlastet sind, können sogar einige Monate vergehen. Daher ist es empfehlenswert, weitere Maßnahmen gegen Mobbing zu ergreifen.
Und denke auch in schweren Zeiten daran, dass du für das Recht deines Kindes kämpfst. Das gibt dir Motivation, weiter am Ball zu bleiben.
Ist dann alles wieder gut?
Findet Mobbing bei Kindern statt, erhoffen sich Eltern von der Polizei Hilfe. Zu Recht, schließlich ist sie da, um bei gewaltvollen Angriffen einzugreifen. In der Realität ist das nicht so einfach wie in der Vorstellung.
Tatsächlich sind die Handlungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Selbst bei Jugendlichen, die bereits das 14. Lebensjahr erreicht haben, wird nicht die volle Strafmündigkeit zugrunde gelegt.
Hinzu kommt, dass es lang dauert, bis genügend Beweise gesammelt wurden. Dein Nachwuchs muss zunächst viel über sich ergehen lassen. Und selbst dann reichen die Beweise oft nicht aus, um die Schuld der Mobber zu belegen.
Bedenke außerdem, dass dein Kind weiterhin mit den Tätern zur Schule geht. Mobber handeln selten allein. Selbst bei einer Unterlassungsklage könnten sie ihre Freunde dazu anstiften, deinen Sprössling weiterhin fertig zu machen. Ebenso sind Rachepläne möglich.
Wäge also genau ab, ob du zur Polizei gehst. Dir sollte bewusst sein, dass die Bearbeitung lang dauert und sie allein das Problem nicht löst. Mitunter kann sie die Lage sogar verschlimmern.
Ist die Situation so schlimm, dass dein Kind sie gar nicht mehr aushält, sollte es zunächst von der Schule freigestellt werden. Besprich die Lage mit einem Arzt oder Psychologen, diese können eine Schulbefreiung ausstellen.
Natürlich ist dies keine Dauerlösung und dein Kind darf sich seine berufliche Zukunft nicht von den Tätern kaputtmachen lassen. Doch können Mobbing-Attacken schwere körperliche und seelische Schäden zur Folge haben – und diese können das gesamte Leben deines Kindes zerstören.
Manche Jugendliche werden psychologische Störungen, die auf Mobbing zurückzuführen sind, selbst im Erwachsenenalter nicht los. Dies kann sogar mit einem Selbstmord enden.
Frage deinen Nachwuchs, welche Unterstützung er sich wünscht. Was würde ihm helfen, wo sieht er Gefahren? Anschließend könnt ihr die passende Hilfe bei Mobbing suchen. Ob eine Anzeige nötig ist, könnt ihr nach dem Ausprobieren der anderen Strategien gegen Mobbing entscheiden.
Wie kann sich mein Kind noch wehren?
Wird dein Kind in der Schule schikaniert, kann es das Problem kaum allein lösen. Zwar gibt es Fälle, in denen sich die Täter wieder zurückziehen, doch dies kommt eher selten vor.
Ohne Gegenmaßnahmen bleibt die Situation für dein Kind ein nicht endender Kampf, dem es sich jeden Tags aufs Neue stellen muss. Um seine Lage wieder zu verbessern, solltet ihr euch professionelle Unterstützung suchen.
Falsche Gegenmaßnahmen haben zur Folge, dass sich die Attacken gegen deinen Nachwuchs verschlimmern. Experten können die Arten von Mobbing erkennen und gezielt helfen.
Passende Ansprechpartner sind zum Beispiel:
- Ärzte: Fügen die Täter deinem Kind körperliche oder psychische Schäden zu, kannst du mit einem Kinderarzt darüber sprechen. Dieser kennt Geschichten wie diese und kann dir Ansprechpartner vermitteln, mit denen er gute Erfahrungen gemacht hat. Zudem sollte nach einem körperlichen Angriff ein Arzt abklären, ob eine Gefahr für innere Verletzungen besteht.
- Psychologen: Ein Psychologe hilft deinem Kind, die schrecklichen Taten zu verarbeiten. Er macht deinem Kind klar, dass es keine Schuld an den Angriffen trägt. Zudem erklärt er ihm die Mechanismen hinter Mobbing-Attacken und gibt ihm Tipps für die Stärkung des Selbstbewusstseins.
- Schulsozialarbeiter: An einigen Schulen gibt es Mitarbeiter in der Schulsozialarbeit, die sowohl zwischen deinem Nachwuchs und den Tätern als auch den Lehrern vermitteln können. Leider passiert es noch zu häufig, dass Lehrkräfte die Opfer nicht ernst nehmen und das Fernbleiben vom Unterricht strafen. Ein Sozialarbeiter oder Mitarbeiter vom Schulamt können dem Schulpersonal den Ernst der Lage bewusst machen.
Ergänzend kann ein Training bei einem Kinder- und Jugendcoach sinnvoll sein. Dieser berät deinen Sprössling etwa zu der Frage, wie er sich gegenüber den Mobbern verhalten soll.
Bringen alle Maßnahmen nichts, kann eine Mobbing Anzeige der letzte Ausweg sein. Allerdings bringt diese keine Garantie für eine Besserung und bedeutet für dich und dein Kind eine weitere psychische Belastung.